Die Straße mit der Gesamtlänge von 25 Kilometern wird in der Liste der Landesstraßen Niederösterreichischs als L120 geführt. Von Scheiblingstein bis vor den Exelberg trennt sie auf 3,5 Kilometern Klosterneuburg von Wien und ist dort sozusagen die 'Südwest-Tangente' [1].
Der 1979 eröffnete und heute von der Telekom Austria betriebene Fernmeldeturm [2] macht diesen Grenzbereich weithin sichtbar: über den 'Höhepunkt' des Klosterneuburger Gemeindegebietes mit 516 Metern Seehöhe ragt er noch einmal 109 Meter hinaus. Weiters markiert er den Namenswechsel der L120 von ‚Tullnerstraße’ auf ‚Exelbergstraße’.
Dass der Verkehrsweg eine Vergangenheit als Seitenstraße des Römischen Donaulimes hat, lassen zwei römische Meilensteine und andere Bodenfunde vermuten:
• der erste Stein stammt laut Inschrift aus der Zeit des Kaisers Macrinus (217/218 n.Chr.) und gibt eine Entfernung von 26 Meilen von seinem
Standort bei Nitzing (zwischen Tulln und Königstetten) bis St. Pölten (= Aelium Cetium) an [3],
• der zweite wird trotz des Fehlens einer Inschrift vom Archäologen Erich Polaschek in die
valentinianische Zeit (364 bis 375 n.Chr.) datiert, heisst seit ersten urkundlichen Erwähnungen im 14. Jahrhundert der ‚Scheiblige‘ und steht heute umzäunt nahe dem nach ihm benannten
Ort, einem Teil der Katastralgemeinde Weidlingbach [4].
Aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit sind nach Mitteilung von Martin Burger auch die Bezeichnungen 'Hunger-', 'Unger-' oder 'Ungarnstraße' überliefert. Der Bau der Straße, wie wir sie heute kennen, wurde am 27. Februar 1863 im Niederösterreichischen Landtag beschlossen. Das Projekt weckte große Erwartungen sowohl bei der ‚lang vernachlässigten Nord-West-Seiten der Stadt Wien’, als auch bei den Landwirten im fruchtbaren Tullner Feld, die diesen bedeuten-den Markt künftig in einer Wegzeit von drei Stunden direkt beliefern konnten: Ein Bauer ‚verdient dann an seiner Waar immer noch mehr, als wann er sich die selbe vom Fragner muß abdrucken lassen.‘ Das bedrohte zwar die Existenz dieser für die Gemeinden am Abhang des Wienerwalds ('Fragnerland') typischen, fahrenden Händler, dennoch resümierte der Chronist in den 'Jörgel Briefen': ‚Alle Betreffenden, die Land- und Stadt-Gemeinden, die von der neuen Straße profitiren, sein dem niederösterreichischen Landtage, besonders aber unsern energischen Bürgermeister Dr. Zelinka zum wärmsten, aufrichtigen Dank verpflichtet. Ehre dem Ehre gebührt!’
Für den Bau wurden rund 71.500 Gulden veranschlagt. Nach der provisorischen Benützbarkeit im Jahr 1864 wurde die Straße am 1. Juli 1865 offiziell freigegeben, die Einordnung als Landesstraße erfolgte 1866. Zur Infrastruktur gehörten auch drei Straßenwärter- oder ‚Einräumer‘-Häuser, eines an der Kreuzung bei Oberkirchbach [5], eines nach dem Schutzengelberg und eines an der letzten Kehre nach dem Exelberg.
Aus der Frühzeit stammt weiters der markante, 2011 in Privat-initiative restaurierte und etwas versetzte Meilenstein Nr. 4 [6] nahe dem Scheitelpunkt (21 Klm. von Tulln, 10 Klm. von Wien), während schräg gegenüber eines von mehreren Roten Kreuzen auf Klosterneuburger Boden steht [7].
Neben dem allgemeinen Verkehr wurde die Straße z.B. beim Manöver der Wiener Garnison im Jahr 1882 auch militärisch genutzt, bis schließlich einschlägige Sportvereine ihre Attraktivität entdeckten. Nach den Wiener Radfahrern war es der ‚Österreichische Automobilclub (ÖAC)’ der am 21. Mai 1899 von Neuwaldegg zum Exelberg das allererste ‚Motorcycle‘-Rennen auf einer öffentlichen Straße in Österreich durchführte. Nach Wiederholungen bis 1910 und einer mehrjährigen Unterbrechung fand die Veranstaltung noch einmal, ausgerechnet einen Monat vor dem Ende des Ersten Weltkriegs statt, und das - wie das 'Illustrierte Österreichische Sportblatt' berichtete, unter Teilnahme zweier Erzherzöge ! Der Untergang der k.u.k. Monarchie bedeutete schließlich auch das Ende der Exelbergrennen für Motorräder...
Was blieb, ist die Vorliebe der Biker für die idyllisch gelegene, kurvenreiche Straße [9].
Ungewöhnlich viele und schwere Freizeit-Verkehrsunfälle haben ihr zuletzt jedoch den eher fragwürdigen Ruf einer ‚Todesstrecke‘ eingetragen. Die Dopplerhütte [8], einst Ausflugsgasthaus und legendärer Treffpunkt der Motorradfahrer oberhalb von Königstetten, ist seit über zehn Jahren dem Verfall preisgegeben. Im April 2021 tauchte das Objekt zum Verkauf um 1,6 Mio. € auf der Plattform "willhaben" auf - man wird sehen, ob die Wiederbelebung gelingt !
Die L120 heisst dort übrigens Neuwaldegger Straße, das kurze Stück im Königstetter Ortsgebiet Wiener Straße und die Strecke von Königstetten nach Tulln Königstetter Straße - gemeinsam mit den oben genannten Teilstücken hat sie also fünf verschiedene Namen. Für die Fortsetzung auf Wiener Stadtgebiet erhält sie dann erneut die Bezeichnung 'Neuwaldegger Straße'.